Kommunikation braucht keine Worte – Die Sinne erwecken durch Basale Stimulation bei Demenz

Basale Stimulation ist ein pädagogisch / therapeutisches und pflegerisches Konzept. Es unterstützt durch ganzheitliche, körperbezogene Kommunikation beeinträchtigte Menschen und fördert ihre Wahrnehmungs-, Kommunikations-, und Bewegungsfähigkeiten.
Dabei setzt Basale Stimulation auf einfache Mittel wie beispielsweise auditive Angebote, vibratorische Anregungen und bewusste Berührungen. Ziel ist es, den eigenen Körper wahrzunehmen, denn dies ist Voraussetzung, um einen Zugang zu Mitmenschen und der Umwelt aufbauen zu können.

Ursprünglich wurde das Konzept von Professor Dr. Andreas Fröhlich für die Sonderpädagogik entwickelt und dort erfolgreich eingesetzt. Prof. Christel Bienstein erkannte das Potenzial für die patientenorientierte Pflege und übertrug es in Zusammenarbeit mit Andreas Fröhlich auf diesen Bereich. Sie hat das Konzept auf die Pflege übertragen. 2011 erhielt sie vom Deutschen Pflegerat die Verleihung des Pflegepreises 2011, eine Auszeichnung wegen ihres großen Engagement für das Konzept der Basalen Stimulation¨ und dessen Verankerung in der Pflege. Inzwischen ist Basale Stimulation in weiten Teilen Europas bekannt und anerkannt.

Es kommt nicht nur darauf an „was“ man mit Demenz-Patienten macht, sondern darauf „wie“ man es tut. Wer z.B. bei der Körperpflege bewußt unterschiedliche Reize einsetzt, hilft dem Kranken, Körper und Umwelt besser wahrzunehmen. Dies kann erreicht werden durch leichten Druck beim Einseifen, abwechselnden Gebrauch von Schwämmen und Waschlappen, Abtrocknen mit unterschiedlich weichen Handtüchern, Einreiben, Massieren, Einkleiden mit gut sitzenden Textilien.

Menschen nehmen ihre Umgebung und Informationen dauerhaft nur wahr, wenn ihre körperlichen Sinne wechselnd gereizt werden. Dagegen gewöhnt man sich an eintönige, gleichförmige Reize, so daß man sie nach einiger Zeit nicht mehr wahrnimmt. Dies gilt für die Schmerz und Temperatur ebenso wie für Tasten, Riechen und Sehen. Wer also an Reizen verarmt, blendet in absehbarer Zeit die äußere Realität aus und verliert die Orientierung.

Ein solches Schicksal droht vor allem Demenz-Kranken, die bettlägerig sind bzw. sich kaum noch bewegen können. Diese Situation verschlimmert sich schnell, wenn die Betreffenden auch noch sehr weich gelagert und lediglich mit den Heimen eigenen Flügelhemden bekleidet sind. Vermutlich ist das Körperempfinden eines solchen Menschen mit dem tauben Gefühl vergleichbar, das man nach einer zahnärztlichen Schmerzspritze verspürt. Für viele Demenz-Kranke kommt hinzu, daß sie aufgrund altersbedingter Hör- und Sehbeeinträchtigungen ohnehin nur noch eine schlechte Wahrnehmung haben.

Die Mittel der basalen Stimulation:

Körperstimulation:

  • Deutlicher Druck bei der Körperpflege (Waschen, Abtrocknen, Einreiben, Massieren); Richtung: von der Körpermitte zur Peripherie
  • Erweitertes Reizangebot durch Wechsel der Wassertemperatur, verschieden harte Waschlappen, Schwämme und Handtücher
  • Förderung der Körperwahrnehmung durch gut sitzende und vollständige Kleidung (einschließlich Unterwäsche)

Gleichgewichtssinn:

  • Schaukeln im Schaukelstuhl
  • gemeinsames Ausführen rhythmischer Bewegungen (z.B. Tanzschritte)

Tast- und Greifsinn:

  • Ertasten unterschiedlicher Materialien“
  • Hände unter fließendes Wasser halten

Vibratorische Anregung:

  • Halten einer elektrischen Zahnbürste, eines Elektrorasierers oder ähnlich vibrierender Gegenstände mit der Hand

Orale Stimulation:            

  • Regelmäßiges Bestreichen von Lippen, Zähnen, Zunge und einem Teil des Gaumens mit einem großen Wattetupfer (z.B. bei der Mundpflege)
  • Fördern von Lutsch- und Schluckbewegungen durch harte Brotrinden, Bratenkruste oder Kaugummi

Olfaktorische Stimulation:

(Vertraute Gerüche fördern die Erinnerung!)

  • Körperpflege mit Parfum, Deo oder Rasierwasser, das dem Kranken lieb und vertraut ist
  • Anregung des Geruchssinnes durch Blumen, ätherische Öle und Essensdüfte.

Visuelle Stimulation:

  • Mobiles, Poster und Bilder mit kräftigen Farben sowie leicht erkennbaren Motiven
  • Fotos aus dem Privatleben des Patienten. Schon ein einziger Gegenstand, der ins Blickfeld gerückt wird, kann den Tag des Kranken verändern!

All diese Anregungen sind aber nur Beispiele. Die Phantasie kennt letztlich keine Grenzen. Allerdings darf man den Kranken nicht überstimulieren also überfordern. Am Anfang genügen aus der Erfahrung täglich ein oder zwei Maßnahmen für jeweils 15 Minuten.

Elemente der Basalen Stimulation können aber auch für gesunde Menschen ebenfalls sehr anregend, entspannend oder bereichernd sein. In diesen Fällen sollte man von „basal orientierter Anregung“ oder basal orientiertem Arbeiten sprechen.